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Thema: Abenteuerreiter - Newsletter September 2013 - Am Ziel TEIL 2

  1. #1
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    Abenteuerreiter - Newsletter September 2013 - Am Ziel TEIL 2

    Während der nächsten 10 Tage versuchten wir alternative Wege über den Fluss zu finden. Wir dachten sogar
    daran, die Pferde über den Gletscher zu führen. Neun Stunden marschierten wir über das Eis und fanden
    schließlich eine Route, auf der wir die Gletscherspalten umgehen konnten. Doch wir mussten auch diese
    Option fallen lassen, denn der Zustieg zum Gletscher war mit Pferden nicht verantwortbar.

    Erfreulicherweise ging aber der Wasserspiegel des Nabesna ging deutlich zurück. Schotterinseln tauchten auf
    und teilten den Fluss in zahlreiche Kanäle. Während der nächsten Tage versuchten wir noch zwei weitere Male
    den Fluss zu queren. Beim zweiten Mal schafften wir es sogar bis fast in die Mitte des breiten Flussbettes,
    doch jedes Mal mussten wir wieder umkehren. Die Strömung war zu stark, das Wasser zu tief und vor allem
    viel zu kalt. Wir durften von den Pferden nicht zu viel verlangen, denn in dem kalten Wasser, in dem Menschen
    nur kurze Zeit überleben können, können auch Pferde in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.

    Es bestand kaum Hoffnung, dass der Wasserspiegel noch weiter sinken würde, denn es hatte wieder begonnen
    zu regnen. So trafen wir schließlich die schwere Entscheidung zurückzugehen. Es gab keinen anderen Weg
    aus dem Gebiet, als wieder über die grüne Grenze nach Kanada zu reiten. Dort würden wir einen alternativen
    Weg finden, um an das andere Ufer des Nabesna Rivers zu gelangen und die Reise fortzusetzen.


    Es war das erste Mal auf Günters gesamter Reise, dass er umkehren musste. Einer der Gründe
    für diese Entscheidung war wohl ich. Denn Günter fühlte sich nicht nur für seine Tiere, sondern auch für mich
    verantwortlich. Wäre ich nicht dabei gewesen, hätte er es wohl noch einmal probiert. Vielleicht aber war es
    gar nicht so schlecht, dass ich dabei war. Manchmal reicht wohl schon die Anwesenheit einer Frau,
    dass Männer die klügeren Entscheidungen treffen.

    Es fiel uns beiden sehr, sehr schwer umzukehren und zurückzureiten. Nur den Pferden schien es nichts
    auszumachen, sie kannten nun die Strecke, wussten was auf sie zukommt und in nur acht Tagen hatten wir
    denselben Weg zurückgelegt, für den wir zuvor drei Wochen benötigt hatten.


    Günter organisierte unseren Truck und Trailer, wir machten einen weiten Umweg auf der Straße und standen
    ein paar Tage später auf der anderen Seite des Nabesna.


    Mittlerweile hatte die Jagdsaison in Alaska begonnen. Viele Alaskaner decken ihren Fleischbedarf nicht im
    Supermarkt, sondern schießen ihr Wild selbst. Vor allem Karibus – nordamerikanische Rentiere – und Elche
    werden gejagt. In diesem Jahr wurden 15.000 Abschusszertifikate für Karibus in Alaska vergeben.

    Irgendwie hatte ich mir die Jagd immer anders vorgestellt. In den ersten Tagen der Jagdsaison begegneten
    uns zahlreiche Jäger mit überdachten Allradfahrzeugen, die mich an Golfcarts erinnerten. Sie fuhren auf den
    Trails auf- und ab und warteten darauf, dass ihnen ein Karibu über den Weg läuft. Doch von den Tieren war
    weit und breit keine Spur zu sehen.
    Auch wenn die Jäger sehr rücksichtsvoll waren (Zitat: „Da war ein Karibu-Bulle direkt hinter euch, aber weil
    ihr da wart, habe ich nicht geschossen“), und höfliche Versuche unternahmen, Konversation zu treiben
    (da sagte doch glatt einer der Jäger zu mir: „Du siehst aus wie ein Schwarzbär“!), beschlossen wir ihnen
    lieber aus dem Weg zu gehen. Wir verließen die gemütlichen Trails und ritten wieder quer durch
    die Wildnis Richtung Nordwesten.
    Und erstaunlicherweise waren plötzlich überall Karibus zu sehen. Sie begegneten uns in Herden von bis zu
    30 Tieren. Karibus sind neugierige Tiere und haben keine Angst vor Pferden. So bekamen wir sie immer wieder
    aus nächster Nähe zu sehen. Auch Elche sahen wir, große Bullen deren imposantes Geweih aus dem Gebüsch
    ragte und Elchkühe mit ihren Jungen. Diese Baby-Elche sind so unglaublich putzig, wie sie ungeschickt hinter
    ihren Müttern herstapfen.






    Wölfe und Grizzlybären sahen wir, wie schon in den Jahren zuvor, meist nur aus großer Entfernung. Sobald sie
    unsere Witterung aufnahmen, waren sie verschwunden. Auf unserer letzten Etappe durch den Denali
    Nationalpark hatte ich allerdings das erste Mal auf der Reise den Bärspray schussbereit in der Hand.

    Ein großer silber-grauer Grizzly stand keine 25 Meter von uns entfernt und schnupperte neugierig in unsere
    Richtung. Wir hatten gerade Pause gemacht, als der große Braunbär aus dem Flussbett auftauchte. Er war

    weder aggressiv, nur neugierig. Mit einer Hand hielt ich Leni fest an mich gedrückt, in der anderen Rustys Zügel.
    Rusty starrte den Bären einen Moment lang an, dann graste er einfach weiter. Ein Bär kann unsere Pferde
    schon lange nicht mehr aus der Ruhe bringen. Wir aber waren heilfroh, als er schließlich doch die andere
    Richtung einschlug.


    Man hatte eine besondere Ausnahme für uns gemacht: normalerweise sind Hunde im Denali Nationalpark nicht
    erlaubt, Leni aber durfte mit! So konnte das gesamte Team die letzten hundert Kilometer der Reise gemeinsam
    erleben. Noch einmal ritten wir durch unberührte Wildnis und vorbei am höchsten Berg Nordamerikas. Während
    der letzten Tage fiel bereits der erste Schnee. Und so wie der Sommer hier in Alaska langsam ausklingt, geht
    auch unsere Reise zu Ende.

    Während der letzten Tage fegte ein Sturm über uns hinweg, dass ich mich am Sattelhorn festklammerte, um
    nicht vom Pferd geweht zu werden. „Wie in Patagonien!“, rief Günter. War das nun Zufall, dass die Reise endete
    wie sie begann: mit stürmischem Wind? Der Wind blieb uns auch auf dem letzten, steilen Anstieg treu.
    Oben auf dem Gipfel der Bergkette sollten wir unser Ziel, das Dörfchen Healy bereits erkennen können, auch
    wenn wir es an diesem Tag nicht mehr erreichen würden. Leichter Regen hatte sich zum Wind gesellt und
    machte das Unterwegssein ungemütlich. Wir kämpften uns vorwärts, überschritten den Grat und …
    waren sprachlos. Vor uns lag Healy, umrahmt von einem Regenbogen.

    „Willkommen am Ziel“, flüsterte ich ehrfurchtsvoll, denn es war kein Moment lauter Worte.
    Einen schöneren Zieleinlauf hätten wir uns nicht wünschen können.


    Wie geht es weiter?

    Schon bald werden wir uns auf den langen Weg nach Süden machen, denn einen Winter in Alaska wollen
    wir unseren Pferden nicht zumuten. Sie werden die nächsten Monate auf einer großen Weide bei unseren
    Freunden in BC, Kanada verbringen, während wir Vorträge über unsere Reise halten werden.


    Wie es danach weiter geht ist noch offen. Doch wer so ein Leben führt wie wir, dem gehen die Ideen nicht
    aus. Doch eines ist sicher - wir werden auch weiterhin mit unseren Pferden unterwegs sein.


    Vorerst aber freuen wir uns darauf, ab Januar 2014 gleich mit zwei neuen Vorträgen in Deutschland,
    Österreich und der Schweiz auf Tournee zu gehen:


    Wer nicht mehr so lange auf Neuigkeiten von uns warten möchte, für den gibt es demnächst ein neues
    Buch. Wir arbeiten mit Begeisterung an den letzten Seiten, dem Kapitel über Alaska:


    Abenteuer-Reiter - Mit Pferden von Feuerland bis Alaska
    Günters 20jährige Reise mit all ihren Fassetten und Eindrücken in einem einzigen Buch zu verpacken,
    stellte uns vor eine große Herausforderung. Wir denken das Ergebnis ist ein außergewöhnliches Buch
    über eine ungewöhnliche Reise.

    Auf 320 Seiten haben wir 550 Bilder und 23 Kurzgeschichten zusammengestellt, die ein stimmungsvolles
    Portrait dieser spannenden Reise präsentieren. In persönlichen Texten erzählt Günter humorvolle und
    berührende Geschichten von unterwegs und gibt Antwort auf die Frage, wie man auf die Idee kommt,
    so eine Reise zu unternehmen.


    Weitere Informationen findet Ihr auf unserer Homepage www.abenteuerreiter.de.

    Wir freuen uns schon, viele von Euch auf unseren Vorträgen zu sehen!

    Always happy Trails
    Sonja & Günter
    www.abenteuerreiter.de
    Geschichte ist die Lüge, auf die man sich geeinigt hat.
    (Voltaire)

  2. #2
    Administrator Avatar von dusty
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    Am Ziel in Alaska!


    Nach rund 1.000 km durch die Wildnis Alaskas sind wir an unserem Ziel, dem kleinen Ort Healy am Fuß des
    Mt. Denali, angekommen! 20 Jahre nach Günters Aufbruch in Feuerland geht damit die lange Reise von Argentinien
    bis Alaska zu Ende. 30.000 km hat Günter im Sattel zurückgelegt. Barbara begleitete ihn von Ecuador bis Mexiko
    und ich bin seit sieben Jahren dabei und gemeinsam mit Günter von der mexikanischen Grenze bis Alaska geritten.


    Doch Günter besteht darauf, die wahren Helden der Reise, das sind die Pferde: die Criollos Rebelde und Gaucho,
    die ihn von Argentinien bis Mexiko begleitet haben und die Mustangs Dino, Azabache, Rusty und Lightfoot mit denen
    wir durch die USA und Kanada und bis nach Alaska geritten sind. Den Pferden gebührt die Anerkennung.

    Ein kleines Pferdeparadies, das haben wir uns am Ziel der Reise gewünscht. Etwas, das in Alaska
    nicht leicht zu finden ist, ganz sicher nicht in den Ölfeldern am arktischen Ozean. Daher wollten wir unseren Ritt
    nicht in Prudhoe Bay, sondern im grünen Herzen Alaskas beenden. Am Ziel erwartete uns genau das, was wir
    uns für unsere Ankunft erhofft haben: kein Empfangskomitee, keine Party, keine Musikkapelle -
    sondern eine riesige Weide, mit saftigem Gras.

    Wir nahmen die Halfter ein letztes Mal ab und Dino, Azabache, Rusty und Lightfoot wälzten sich genüsslich,
    dann galoppierten sie los, ausgelassen und kraftvoll sprangen sie davon. Selbst Dino, den so schnell nichts
    aus der Ruhe bringt, machte einen Bocksprung wie ein junges Fohlen. Es ist ihre Intuition, die Pferde wissen
    Bescheid - das Nomadenleben ist zu Ende, ab jetzt gibt es nur noch Fressen, Schlafen und Spielen,
    einen ganzen nordischen Winter lang.



    Es war ein spannender Sommer. Alaska hatte einige Überraschungen und Herausforderungen zu bieten, und
    nicht alles lief so, wie geplant. Selbst Günter erlebte Situationen, die für ihn völlig neu waren. Doch so wird auch
    nach 20 Jahren die Reise nicht langweilig.


    Unser Ritt durch Alaska startete an der Grenze in Beaver Creek. Nach all den Schwierigkeiten, die Günter auf
    seiner Reise an den verschiedensten Grenzen hatte, war die Einreise nach Alaska eine erfreuliche Ausnahme.
    Wir hatten unsere Papiere und die Gesundheitszeugnisse der Pferde an der Grenzstation vorgezeigt, und
    durften dann zurück nach Kanada fahren, um über die grüne Grenze in den 49. Bundesstaat zu reiten.

    Unsere Route führte uns mitten hinein in den Wrangell-St. Ellias Nationalpark, den größten Nationalpark der USA.
    Es ist ein untypischer Nationalpark – hier gibt es keinerlei touristische Einrichtungen und wir benötigen keine
    Genehmigungen, dafür durften wir auch nicht mit Hilfe rechnen. „Das ist Wildnis für Erwachsene“, hatte uns
    eine Park-Rangerin erklärt, „Hier musst du dir selbst helfen können, nicht so wie im Denali Nationalpark,
    wo gleich ein Helikopter kommt.“

    Neun der 16 höchsten Berge Nordamerikas liegen in diesem Park und einige der größten Eisfelder der Welt,
    deren Schmelzwasser in reißenden Gletscherflüssen durch die Täler strömt. Zwei dieser Flüsse würden wir
    auf unserer Route durchqueren müssen, den Chisana und den Nabesna River.

    Als wir Mitte Juni an den Chisana River kamen, war der Fluss noch gefroren, riesige Eisschollen bedeckten
    das gesamte Flussbett, das die gigantische Breite von etwa einer Meile hat. Ein Stück flussaufwärts entdeckten
    wir eine eisfreie Stelle. Das Flussbett war auch hier sehr breit, doch der Fluss teilte sich in zahlreiche Kanäle,
    die wir einen nach dem anderen queren konnten. Der Wasserspiegel war niedrig, es hatte seit Wochen nicht
    geregnet. Wir hofften, die Trockenperiode würde weiterhin anhalten, bis wir auch den zweiten Fluss,
    den Nabesna, überquert hatten.




    Doch zwei Tage später saßen wir in unserem Lager hoch über dem Cooper Creek und starrten auf den Fluss.
    Es war faszinierend und schockierend. Der Wasserspiegel war über Nacht um zwei Meter gestiegen. Der kleine
    Bach vom Vorabend hatte sich in rauschendes Wildwasser verwandelt. Es hatte mit einem heftigen Gewitter
    begonnen und seither, seit über zwölf Stunden, regnete es.

    Der Fluss veränderte sich ständig, drängte sich mal an die eine, dann an die andere Felswand, gab Steine frei
    und verschluckte sie wieder. Das dumpfe Rollen der Steine, die von den Wassermassen mitgerissen wurden,

    dröhnte zu uns herauf. Unser Lager stand knöcheltief unter Wasser und die Pferde hatten die Wiesen rundum
    weitgehend abgegrast, doch es blieb uns nichts anderes übrig, als zu bleiben. Denn unser weiterer Weg lag
    genau dort, wo jetzt das Wildwasser tobte – zwischen den Felswändendirekt im Flussbett! Nun konnten wir
    weder vor noch zurück, wir waren gefangen zwischen den Flüssen.


    Als wir vier Tage später an den Nabesna River kamen, waren wir beide schockiert. Das war kein Fluss, das
    war ein Meer. Aber vielleicht ist er ja nur breit, aber nicht tief? Doch kaum waren wir im Wasser, hatten die
    Pferde bereits keinen Boden mehr unter den Hufen, die starke Strömung riss uns mit sich fort. Entsetzt und
    tropfnass kehrten wir ans Ufer zurück. Die Pferde zitterten, das Wasser war eiskalt.

    Geschichte ist die Lüge, auf die man sich geeinigt hat.
    (Voltaire)

  3. Folgende 2 Benutzer sagen Danke zu dusty für den nützlichen Beitrag:

    Greta (20.09.2013),Orie (11.09.2013)

  4. #3
    Erfahrener Benutzer Avatar von Orie
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    Danke, Dusty!
    ich habe gerade den ersten Teil von Günter Wamsler durch und hatte mich richtig festgelesen...
    Ich werde wohl auch die anderen Bände kaufen
    Carpe Diem!

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