Hallo Iris,
wir sind zu zehnt gestartet, aber dem dritten Tag waren's nur noch acht. Für die Pferde war es schon eine anstrengende Tour. Ich kann mir zwar vorstellen, dass man teilweise einfachere und weniger steile Wege finden könnte, aber dann geht viel vom Reiz der Tour verloren.
Also wo war ich...
Der sechste Tag begann mit einem Hahn, der felsenfest der Meinung war, dass der Tag um 5.30h zu beginnen hatte. Und das direkt vor meinem Fenster. Er krähte alle 20 Sekunden, bis 7.30h, also kurz bevor ich aufstehen musste. Ich bin ja ein sehr geduldiger und tierlieber Mensch, aber wenn's nach mir gegangen wär, hätt's zum Frühstück Suppenhahn geben dürfen...
Der Weg führt uns heute lange Zeit auf der Via Claudia direkt am Inn entlang, durch einen Waldlehrpfad, an liebevoll gebauten Miniaturen des alten Dorfes"Pfunds", inklusive klappernder Mühle am rauschenden Bach. später überquerten wir den Inn bei der Grenzfeste Altfinstermünz, die sehr hübsch aussieht und zu einer Besichtigung einlud. Leider mussten wir schauen, dass wir weiterkamen, die Polizei erwartete uns - am Reschentunnel. Also ging es zügig weiter, erst auf dem Radweg, dann weiter auf einem schmalen Waldpfad in Serpentinen nach oben. Auf dem Weg musste Erich noch eine vorwitzige Fichte durchsägen, die sich quer über unseren Weg gelegt hatte... Oben angekommen wartete schon die Polizei auf uns. Da Erich immer noch das unerfahrene Stütchen ritt, bekam ich die Anweisung, vorwegzureiten und "möglichst zügig durch". Sobald der Verkehr in beiden Richtungen gesperrt ist und ich das Ok der Polizistin erhalten hatte, trabte ich also an... und bekam postwendend von hinten ein "SCHNELLER!", was ich mir nicht zweimal sagen ließ. Wann hat man schonmal die Gelegenheit, im Galopp durch den Reschentunnel zu preschen . Ich bewundere die Pferde, die da voll Vertrauen in dieses schwarze Loch stürmen... Cachorro hat nur einmal dumm geguckt, als im Tunnel eine kleine Baustelle mit Leuchtwarnsignalen auftauchte, gehorchte aber sofort meiner Aufforderung, weiter zu galoppieren. Der Tunnel ist an dieser Stelle erst komplett geschlossen und öffnet sich dann seitlich zu einer Galerie. Trotzdem entwickelt sich eine ganz schöne Lautstärke, wenn 40 Hufe von den Wänden widerhallen. Ich hätte am liebsten ein lautes YIIHAAA ausgestoßen . Nach einer Weile gings raus aus dem Tunnel, vorbei am Sperrfort Nauders, und in den zweiten Tunnel. Die Strecke ist relativ lang, sodass Cachorro mal vorsichtig anfragte, ob er auch wirklich weiter galoppieren sollte . Aber klar doch! Als wir aus dem zweiten Tunnel schossen, sah ich den zweiten Polizeiwagen, der den Verkehr absperrte. Für die Leute im Stau muss das auch ein toller Anblick gewesen sein, als plötzlich acht Pferde aus dem Tunnel auftauchten . Es war definitiv ein Highlight der Tour!
Nach einer Pause gings dann nur noch ein paar Kilometer weiter bis Nauders. Dort waren die Pferde und ein paar Reiter im Hotel Bergblick untergebracht, wir anderen mussten, nachdem die Pferde eingezäunt und mit Wasser versogrt waren, unser Gepäck zehn Minuten durch Dorf schleppen, in den Alpenhof. Nach einer kurzen Dusche ging ich gleich wieder runter zu den Pferden, inzwischen war das Futter gemäht, sodass wir es verteilen konnten. Vor dem Abendessen wurden noch zwei Pferde neu beschlagen, ein Eisen war verloren gegangen, bei Cachorro saßen sie auch nicht mehr gut...
Wir saßen nach dem Abendessen noch eine Weile in der Bar zusammen und gingen dann zurück ins Hotel.
Am nächsten morgen wachte ich schon mit einem unguten Gefühl auf. Der letzte Tag...
Die letzte Etappe war eher kurz, aber schön. Es ging hinauf bis über 2000 m Höhe. Nach einer schönen Strecke immer bergauf erreichen wir unseren Rastplatz: Ein wunderschönes Plateau, etwas unterhalb der Reschener Alm, von dem aus man einen wunderbaren Blick über den Reschensee hat... er sah von oben richtig unwirklich aus, eher wie aus einem Walt-Disney-Märchenfilm, wie er so pastell-türkisblau zwischen den Bergen lag. Es wurden bestimmt hundert Fotos geschossen, bevor wir weiterritten. Es ging noch kurz bergauf, bis zur Reschener Alm. Danach mussten wir bergab leider lange Zeit an der Straße entlang reiten. Einen anderen Weg gab es nicht (nicht dass wir nicht von Zeit zu Zeit den ein oder anderen Waldweg ausprobiert hätten). Als man rechter Hand wieder die See sehen konnte, war die Straße nicht mehr so schlimm. Leider war es dann auch zu schnell schon wieder vorbei. Petra wartete am Ufer mit einer letzten Brotzeit auf uns... Danach lenkte ich mich noch etwas mit Arbeit ab (das Wasser für die Pferde mussten wir aus dem Friedhof ein paar Treppen und eine Straße weiter holen), dann war doch der Abschied da. Der fiel mir sehr schwer. Vor allem von diesem Pferd. Ich hoffe, Erich behält ihn noch lange, damit ich ihn wenigstens auf Tagesritten noch reiten kann... Leisten kann ich mir ihn leider nicht. Doch er wäre "mein" Pferd. Eine Lebensversicherung in jedem Gelände, immer fleißig und viele kleine Flausen im Kopf, die das Leben würzen...
Der Ritt war auf jeden Fall wunderschön, ich hätte weiterreiten wollen bis Venedig...
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